Was ist Pompe?

Morbus Pompe (Glykogenose Typ 2, Saurer-Maltase-Mangel) ist erblich bedingt, wird autosomal rezessiv vererbt mit Veränderungen im Glykogenstoffwechsel und hat Auswirkungen auf die Skelett- und Atemmuskulatur. Morbus Pompe wird als Glykogenspeichererkrankung (Glykogenose), lysosomale Speichererkrankung, Muskelerkrankung (Myopathie) oder neuromuskuläre Erkrankung klassifiziert.

Morbus Pompe besitzt ein breites klinisches Spektrum mit individuell stark variierenden Symptomen und Verläufen der Krankheit: "Jeder Betroffene hat seinen eigenen Morbus Pompe".

Für Morbus Pompe steht eine spezifische Therapieoption zur Verfügung (Enzymersatztherapie).

INHALT

Inzidenz
Ursachen und Auswirkungen
Klinisches Spektrum
Diagnostik
Therapiemöglichkeiten
Quellenangabe
Weitere Informationen

Inzidenz

Glykogenspeichererkrankungen sind seltene rezessiv erbliche Stoffwechseldefekte. Für die Muskulatur ist Morbus Pompe die häufigste Muskelglykogenspeichererkrankung und macht etwa 40% aller bisher bekannten Muskelglykogenspeichererkrankungen mit einer Inzidenz von 1:40.000 bis 1: 200.000 aus.

Ursachen und Auswirkungen

Morbus Pompe beruht auf einer verminderten Aktivität oder dem kompletten Fehlen des lysosomalen Enzyms saure Maltase (alpha-1,4-Glucosidase/GAA), welches Glucose aus Maltose, Oligosacchariden und Glykogen innerhalb zellulärer Vakuolen freisetzt. Die alpha-1,4- und alpha-1,6-Bindungen von Maltose, Oligosacchariden und Glykogen werden von der sauren Maltase optimal bei pH 4-5 hydrolysiert. Aufgrund der Enzymaktivitätsminderung bzw. des Mangels der sauren Maltase resultiert eine überwiegend intralysosomale Glykogenspeicherung in Skelettmuskel, Herz, Leber, zentralen und peripherem Nervensystem. Neben dem GAA-Enzym-Mangel spielt die sog. Autophagie eine weitere ursächliche Rolle bei dieser Erkrankung. In vakuolisierten Muskelfasern ist der kontraktile Apparat (sog. molekularer Motor) nicht mehr vollständig intakt, so dass weniger oder sogar keine Kraft mehr entwickelt werden kann.

Ursächlich beruht der Enzymdefekt auf einem autosomal rezessiven Erbgang mit Mutationen im GAA-Gen (acid alpha-glucosidase gene) auf dem distalen Ende des Chromosom 17q23. Unterschiedliche Mutationen (Insertion und Deletionen) führen zu Missense- und Nonsense-Mutationen im GAA-Gen. Die häufigste Mutation ist die sog. -13 T>G IVS1 Spleißmutation in Intron 1, so dass sich diese zum genetisches Screening eignet. Inzwischen sind mehr als 300 pathgogene Mutationen in allen 20 Exonen des GAA-Gens bekannt. Eine pränatale Diagnostik kann mit Hilfe einer Chorionzottenbiopsie oder Amniozentese durchgeführt werden.

Klinisches Spektrum

Abhängig von Manifestationsalter sind zwei Formen abzugrenzen:

  • Infantile Form (Klassischer Morbus Pompe)
    Diese schwerste Form eines Morbus Pompe manifestiert sich innerhalb der ersten 2 Lebensmonate und führt in der Regel im ersten Lebensjahr zum Tod. Die Säuglinge zeigen eine ausgeprägte rasch progrediente muskuläre Hypotonie und motorischen Retardierung (sog. floppy infants) mit Saug- und Trinkschwäche sowie Makroglossie. Es entwickelt sich respiratorische Insuffizienz durch eine diaphragmale Schwäche, begleitet von einer progredienten hypertrophischen Kardiomegalie mit Herzrhythmusstörungen und seltener zusätzlicher Hepatopathie. Laborchemisch sind Transaminasenerhöhungen inklusive LDH und CK typisch. Die LDH-Werte sind meist höher als die CK-Werte. Die Enzymrestaktivität der sauren Maltase liegt in der Regel unter 1%.

  • Spät-beginnende Form (late-onset)
    Dieser häufigste Typ kann sich zu jedem Zeitpunkt ab der Kindheit manifestieren. Nahezu alle juvenilen Pompe-Kinder, deren Krankheitsbeginn nach dem zweiten Lebensjahr liegt, haben keine Kardiomyopathie und eine nur langsam progrediente proximal und axial betonte Myopathie des Beckengürtels. Die motorische Entwicklung kann deutlich verzögert sein. Im Verlauf wird insbesondere die Zwerchfellschwäche mit respiratorischer Insuffizienz und nächtlichen Episoden von Hypoventilation und Schlafapnoe auffällig. Dieser Typ umfasst auch alle milderen, sehr variablen Typen, die sich als langsam progrediente proximaler Myopathie mit zum Teil ausgeprägter Schwäche der axialen Rückenmuskulatur darstellt. Haupttodesursache ist die respiratorische Insuffizienz. In der Regel geben ältere Patienten ihre ersten Beschwerden um das dreißigste Lebensjahr an. Schnelles Rennen und Treppensteigen, sowie aus dem Stuhlaufstehen ohne Armhilfe sind häufig die ersten Symptome. Zusätzlich sind initial rasche Ermüdbarkeit der Muskulatur und unspezifische Muskelschmerzen vorhanden. Im Verlauf stehen die progrediente Gangstörung durch Atrophie der Rücken- und Beckenmuskulatur mit teilweise Rollstuhlpflichtigkeit und die ventilatorische Insuffizienz durch die Zwerchfellparese ganz im Vordergrund. Die Enzymrestaktivität der sauren Maltase liegt in der Regel zwischen 2 und 30%. Bei einem Teil der erwachsenen Patienten können eine Skoliose und sehr selten auch ein sog. rigid spine syndrome vorkommen. Wichtig ist eine Untersuchung des Gefäßsystems, da sowohl an den hirnversorgenden Gefäßen wie auch an der Hauptschlagader Aussackungen (sog. Aneurysmata) selten vorkommen können. Ebenso muss auch im Erwachsenenalter auf Herzrhythmusstörungen untersucht werden.

Weiterlesen: Verlaufsformen

Diagnostik

Die Diagnostik umfasst die Enzymologie mit Durchführung des sog. Trockenbluttest für die GAA-Enzymaktivität, das erweiterte Labor mit Bestimmung der Transaminasen, LDH und der Kreatinkinase, der Elektrophysiologie mit EMG, das Muskel-MRT und ggf. die Muskelbiopsie mit Pathobiochemie und Elektronenmikroskopie. Initial sollte auch eine kardiovaskuläre und pulmonale Funktionsabklärung in jedem Krankheitsalter erfolgen. Zur Erfassung schlafbezogener Atemstörungen ist ggf. eine Nacht zum Monitoring in einem sog. Schlaflabor indiziert. Ein Muskel-MR kann besonders bei Erwachsenen zur Auswahl des geeigneten Biopsieort hilfreich sei, da die klassischen Biopsie-Muskel (Biceps brachii, Vastus lateralis und Unterschenkelmuskel) oft gering betroffen sind. Die Muskelbiopsie mit Enzymhistochemie, Elektronenmikroskopie und Pathobiochemie ist heute oft in der Differentialdiagnose weiterhin notwendig. Eine Gen-Mutationsanalyse des GAA-Gens erfolgt dann zur endgültigen Sicherung der Diagnose.

Weiterlesen: Diagnose

Therapiemöglichkeiten

  • Symptomatische Therapie
    Allgemein wird eine proteinreiche und kohlenhydratarme Ernährung empfohlen. Da schnell Erschöpfung eintritt, wenn das Muskelglykogen nicht als Energiequelle genutzt werden kann, sind kleine additive Gaben von Glukose oder Fruktose als Energiequelle etwas hilfreich. Ausdauertraining ist sinnvoll, da sich hierbei der Muskel früher an Blutzucker und Fettsäuren als Energielieferant adaptiert. Die kardiologischen Maßnahmen und ebenso die therapeutischen Optionen bei Ateminsuffizienz entsprechen denen bei anderen neuromuskulären Erkrankungen. Auch bei Morbus Pompe wird die nicht-invasive Langzeitheimbeatmung mit Erfolg eingesetzt. Krankengymnastik und eine am Symptom orientierte Behandlung mit dem Ziel, die Beeinträchtigung zu mildern, ist möglich.
  • Enzymersatztherapie
    Nach positiven klinischen Studien für beide Formen des Morbus Pompe ist seit 2006 ein gentechnisch hergestelltes rekombinantes humanes Enzympräparat (Glucosidase alpha) zugelassen. Somit steht eine spezifische Therapieoption zur Verfügung. Insgesamt ist die Behandlung zeitlich und organisatorisch aufwändig und nach bisherigem Stand lebenslang notwendig. Das fehlende Enzym wird durch eine regelmäßig alle zwei Wochen stattfindende mehrstündige Infusion zugeführt. Da im Verlauf der Therapie insbesondere allergische Reaktionen auftreten können, sollte dies in einer fachlich und personell darauf eingestellten Praxis bzw. Klinik erfolgen.
  • Gentherapie
    Eine Gentherapie des Morbus Pompe ist bisher nicht möglich.

Weiterlesen: Therapie

Quellenangabe

Nach http://www.klinikum.uni-muenchen.de/Friedrich-Baur-Institut/de/krankheitsbilder/metabolische_myopathien_pompe/ (Stand: 22.10.2013; Druckversion der verwendeten Quelle), mit freundlicher Genehmigung.

Weitere Informationen

  • Morbus Pompe
    Eine knappe, aber umfassende Beschreibung der Erkrankung und der Therapie. Behandelte Themen: Epidemiologie, Pathophysiologie, Genetik, Klinische Manifestationen (Verlaufsformen), Zusatzuntersuchungen, Laborbefunde und Diagnose, Wann an M. Pompe denken, Therapie, Therapie-Monitoring.
    Dr. Wolfgang Löscher und Dr. Julia Wanschitz, Universitätsklinik für Neurologie, Innsbruck (2016)
    Österreichische Gesellschaft für Neuropsychopharmakologie und Biologische Psychiatrie (ÖGPB)
  • Morbus Pompe
    Beschreibung der Erkrankung bei symptoma.com
  • Symptomdatenbank für seltene Erkrankungen
    Die Datenbank der österreichischen Initiative für Allgemeinmedizin und Gesundheit bietet Zugriff auf Symptome und Beschreibungen seltener Erkrankungen (darunter M. Pompe), um mögliche Verdachtsdiagnosen erfolgreich einzugrenzen bzw. auszuschließen. Vgl. auch Pressetext vom 22. Februar 2015.
  • Morbus Pompe: Frühe Diagnose kann Progression erfolgreich verzögern (esanum, redaktioneller Beitrag von Armin Hertel, 22.09.2017)
    Informationen zu Symptomen wie Gowers-Zeichen, Probleme beim Treppensteigen, Heben von Lasten, Atemmuskelschwäche, Belastungsdyspnoe und Hyper-CK-ämie, die als "red flag" für die Diagnose von Morbus Pompe gelten, zur Diagnose mithilfe eines Trockenblut-Tests und zur Notwendigkeit des interdisziplinäre Austauschs.
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Hinweis: Dieser Beitrag dient der Information und gibt keine individuellen Behandlungsempfehlungen. Pompe Deutschland bewertet oder bevorzugt keine Produkte, Organisationen oder Unternehmen. Für Fragen der medizinischen Versorgung sollten die behandelnden Ärzte konsultiert werden.